Beratung Covid-19

Nach Ausbruch der Corona-Virus-Erkrankungswelle fassen wir die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen wie folgt zusammen:

  1. Arbeitspflicht trotz Krise

Die Pflicht zur Arbeitsleistung aus dem bestehenden Arbeitsvertrag wird grundsätzlich nicht berührt. Dem nicht erkrankten Arbeitnehmer steht kein generelles Zurückbehaltungsrecht zu. Ein Arbeitnehmer kann sich nicht darauf berufen, dass sich seine Ansteckungsgefahr auf dem Weg zur Arbeit oder durch Kontakte am Arbeitsplatz erhöht. Der Arbeitnehmer bleibt verpflichtet, die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen, sowie den Anordnungen der Vorgesetzten Folge zu leisten.

  1. Freistellungs- und Vergütungsanspruch
  1. Erkrankung des Arbeitnehmers

 

Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von bis zu 6 Wochen. Durch das Corona-Virus ändert sich hieran nichts.

Hier gelten die bekannten Regeln: Es muss durch den Arbeitnehmer umgehend eine Meldung erfolgen und im Anschluss muss eine ärztliche AU-Bescheinigung vorgelegt werden. Diese kann aktuell unter erleichterten Voraussetzungen erteilt werden.

Hinweis:

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis mindestens 4 Wochen bestanden hat. Während der ersten 4 Wochen besteht Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse. Das wird oft übersehen.

  1. Quarantäne des Arbeitnehmers

 

Arbeitnehmer, die sich auf Grundlage des Infektionsschutzes in behördlich angeordneter (nicht freiwilliger!) Quarantäne befinden, haben Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls (§ 56 Infektionsschutzgesetz).

Der Anspruch richtet sich gegen die Staatskasse. Allerdings ist der Arbeitgeber für die Dauer von 6 Wochen in der Pflicht, in Vorleistung zu treten!

 

 

Hinweis:

Arbeitgeber können von der zuständigen Behörde einen Vorschuss und die Erstattung der Vorauszahlungen beantragen.

Für den hiesigen Bereich ist zuständig:

Amt für Soziales Entschädigungsrecht

Landschaftsverband Westfalen-Lippe

48133 Münster.

Antragsformulare und weitere Informationen können wir auf Anfrage zur Verfügung stellen.

  1. Betriebsschließung

Bei behördlich angeordneten oder auch freiwilligen Betriebsschließungen behalten die Arbeitnehmer in aller Regel ihren Vergütungsanspruch. Der Arbeitgeber trägt das sogenannte Betriebsrisiko, so dass Arbeitsausfälle zu seinen Lasten gehen.

Für diesen Anspruch ist keine gesetzliche Höchstfrist wie z.B. bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geregelt. D.h. der Arbeitgeber trägt hier ein zeitlich unbegrenztes Risiko.

Hinweis:

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können das Risiko abfedern, z.B. durch Urlaubserfüllung, Teilzeitregelungen oder einseitig durch Anordnung von Kurzarbeit (siehe unten).

  1. Fehlende Kinderbetreuung

 

Wenn die Kinderbetreuung ausfällt, ist dies ein Risiko, das grundsätzlich der Arbeitnehmer zu tragen hat. In Ausnahmefällen kann ein Anspruch auf Freistellung bestehen. Für diese Zeit kommt ein Anspruch des Arbeitnehmers nach § 616 BGB in Betracht.

Danach hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung des Lohns, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit aus persönlichen Gründen an der Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.

Hier fehlt aber eine klare gesetzliche Zeitgrenze. Die Rechtsprechung erkennt als „nicht erhebliche Zeit“ meist nur wenige Tage an. Wird dieser Zeitraum überschritten, entfällt der Lohnanspruch vollständig. § 616 BGB kann im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag auch wirksam ausgeschlossen worden sein. Dann entfällt die Pflicht zur Lohnfortzahlung in jedem Falle.

  1. Freistellung

Wenn ein Arbeitnehmer freigestellt wird, behält er in der Regel seinen Vergütungsanspruch vollständig. Das gilt sowohl bei einseitiger als auch bei einvernehmlich vereinbarter Freistellung.

Soll die Freistellung unbezahlt erfolgen, muss dies in jedem Falle ausdrücklich vereinbart werden. Eine Anrechnung von Urlaub ist in den Fällen der unbezahlten Freistellung aber nicht möglich.

Hinweis:

Es können durch bezahlte Freistellung Guthaben auf Arbeitszeitkonten abgebaut werden. Minusstunden dürfen nicht aufgebaut werden, da der Arbeitgeber immer noch das Betriebsrisiko trägt.

  1. Urlaub

Wenn wirksam Urlaub erteilt wurde, ist Lohn basierend auf der Durchschnittsvergütung der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt zu zahlen.

Die Anordnung von Zwangsurlaub ist generell unzulässig.

Hinweis:

Gegebenenfalls sind Ausnahmeregelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag zu beachten.

  1. Kurzarbeit

Arbeitsrechtlich gelten bei Kurzarbeit keine Besonderheiten: Der Arbeitgeber trägt das volle Betriebsrisiko und muss daher den vollen Lohn zahlen. Die Beschäftigten erhalten zwar Kurzarbeitergeld, aber die Differenz zum vertraglich vereinbarten Lohn kann vom Arbeitgeber gefordert werden.

Ausnahme:

Das Recht, Kurzarbeit anzuordnen ist im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder in einem anwendbaren Tarifvertrag geregelt.

Hinweis:

In Betrieben, in denen ein Betriebsrat besteht, hat dieser ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei der Anordnung von Kurzarbeit. Dann kann die Kurzarbeit per Betriebsvereinbarung eingeführt werden.

Antragsformulare und weitere Informationen zur Kurzarbeit können wir auf Anfrage zur Verfügung stellen.

Anlässlich der Einführung bzw. Anordnung von Kurzarbeit besteht keine Verpflichtung, einen neuen Arbeitsvertrag abzuschließen!

Vielmehr gilt der bestehende Arbeitsvertrag unverändert fort. 

Es kommt gegebenenfalls der Abschluss einer Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag in Betracht, allerdings nach 

sorgfältiger Überprüfung der beabsichtigten Änderungen, insbesondere im Hinblick auf die in der Regel bestehende Verpflichtung des 

Arbeitgebers, den vollen Differenzlohn zum Kurzarbeitergeld weiter zu zahlen. Es besteht aber auch keine Verpflichtung, einer 

Änderungs- bzw. Zusatzvereinbarung zuzustimmen!

Im Hinblick auf § 313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage – können – auf freiwilliger Basis – Verhandlungen über eine Änderung der 

arbeitsvertraglichen Bedingungen – gegebenenfalls zeitlich befristet – aufgenommen werden.

 

 

Rechtsanwälte und Notar Voß, Bruns & Riepenhoff

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